1. Barrierefreiheit in der Öffentlichkeit

Barrierefreiheit in der Öffentlichkeit

Seinen Alltag selbstständig zu bewältigen ist nur möglich, wenn die barrierefreie Gestaltung von öffentlichen Räumen und Einrichtungen gegeben ist. Was nützt dem Betroffenen eine barrierefreie Wohnung, wenn er Arztbesuche, Behördengänge oder einen Spaziergang an der frischen Luft nicht ohne Unterstützung erledigen kann. Nicht nur der Zugang zu den Einrichtungen des öffentlichen Lebens sollten für Menschen mit Einschränkungen frei von Hindernissen sein, auch das Innere öffentlicher Gebäude oder der Weg zu ihnen.


Deshalb muss Folgendes in der Öffentlichkeit auf Barrierefreiheit überprüft werden:

  • Verkehrsflächen,
  • Parkanlagen,
  • Grünflächen sowie
  • sämtliche Flächen von öffentlichen Einrichtungen,

die dem öffentlichen Besucherverkehr dienen.

Viele bauliche Anlagen im Straßenraum haben durchaus ihren Nutzen und dienen der Sicherheit, bspw. Poller, die den Autoverkehr aus Fußgängerzonen fernhalten oder Bordsteine, die den Fußgänger vom Straßenverkehr trennen, stellen aber für Rollstuhlfahrer oder einer Person mit Kinderwagen vor große Herausforderungen.


Der öffentliche Raum muss so gestaltet werden, dass:

  • die Wege vom Start zum Zielpunkt selbstständig bewältigt werden können.
  • Transportmittel, besonders der öffentliche Nahverkehr, ohne fremde Hilfe genutzt werden können.
  • Informationen, die der Orientierung dienen, selbstständig aufgefunden und verstanden werden können.
Barrierefrei durch das Leben

Gestaltung von öffentlichen Gebäuden und deren Außenanlagen

Um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können, ist die Nutzung von öffentlichen Gebäuden erforderlich. Dies gilt nicht nur für Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und Behördengänge, auch der besuch von Bildungseinrichtungen sollte jedem Menschen in jeder Lebenslage möglich sein. Eine barrierefreie Gestaltung von öffentlichen Gebäuden wird nicht nur dem bewegungseingeschränkten Menschen helfen, sondern auch Menschen, die das Bringen und Abholen übernehmen, profitieren davon.


Als öffentliche Einrichtung gelten vor allem Gebäude, die der Öffentlichkeit zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden. Dazu zählen medizinische Versorgungseinrichtungen, Kultureinrichtungen, Gemeindezentren, Verwaltungsgebäude, auch Ladenpassagen, Gaststätten, Kinos und andere Freizeiteinrichtungen.

Barrierefreie Schule
Barrierefreie Schule

Alle Kinder und Jugendlichen haben das Recht in die Schule zu gehen. Egal ob sie eine Behinderung haben oder nicht.

Die DIN-Norm 18040-1 besagt, wie ein Umbau oder Neubau einer Schule durchgeführt werden soll, um die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen laut § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes zu gewährleisten. Hier sind die technischen Baubestimmungen der Planungsgrundlagen genau festgelegt. Die Barrierefreiheit gilt für Schulgebäude, Gebrauchsgegenstände im Schulalltag, Software sowie Schilder und Durchsagemöglichkeiten. Dabei werden die Bedürfnisse der Schüler mit Sehbehinderung oder Hörbehinderung, mit motorischen Einschränkungen und mit Mobilitätshilfen und Rollstühlen berücksichtigt.

 

  • Schulumgebung

Die DIN-Norm 18040 Teil 1 regelt die Barrierefreiheit bei öffentlich zugänglichen Gebäuden, besonders für die Bereiche eines Gebäudes, in dem Publikumsverkehr herrscht. Dessen Besucher müssen das Gebäude auch ohne Hindernisse erreichen können, daher werden im Gesetzestext auch dazugehörige Außenanlagen definiert.
Dazu zählen beispielweise auch:

• Sport- und Freizeitstätten,
• Parkplätze,
• behindertengerechte Toiletten,
• Einrichtungen des Bildungswesens.

Die behindertengerechte Zugänglichkeit fängt bereits bei Behindertenparkplätzen für Eltern der Schüler/-innen an und erstreckt sich über rollstuhlgerechte Eingänge ins Gebäude sowie in die Klassenräume.

  • Behindertenparkplätze

Mindestanforderung
Mindestens ein Prozent der Pkw-Parkplätze muss als Behindertenstellplätze ausgewiesen werden, mindestens jedoch muss ein Stellplatz vorhanden sein.

Größe
Der Stellplatz sollte möglichst in unmittelbarer Nähe der barrierefreien Zugänge zum Gebäude liegen und mit 350 cm Breite und 500 cm Länge, inkl. eines seitlichen Abstands von 150 cm zum nächsten Objekt, das Aus- und Einsteigen komfortabel möglich machen.

Kennzeichnung
Das Verkehrszeichen 314 (Parkplatz) in Verbindung mit Zusatzzeichen 1044-10 (nur Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und Blinde) kennzeichnet den Stellplatz nach der Straßenverkehrsordnung. Ein Rollstuhlsymbol auf der Parkfläche ist einzuzeichnen.

  • Absenken der Bordsteinkanten & Anbringen von Rampen

Der Weg zwischen Behindertenstellplatz und angrenzendem Verkehrsraum muss schwellenfrei zu bewältigen sein, um eine barrierefreie Schulumgebung zu garantieren. Dies geschieht beispielsweise durch eine Bordsteinabsenkung oder durch Rampen.

Zugänge zu öffentlichen Gebäuden müssen gesetzlich festgelegte Mindestmaße vorweisen und schwellenlos nutzbar sein. Rampen oder Lifte dürfen zum Einsatz kommen.
Rampen vor Zugängen dürfen nach DIN 18040-1 maximal 6 % Gefälle vorweisen. Ein Quergefälle ist nicht zulässig. Die Breite einer Rampe beträgt mindestens 120 cm, bestenfalls 150cm und mehr. Am Anfang und Ende von Rampen muss ein Bewegungsraum von 150 x 150 cm eingeplant sein. Rampen mit einer Länge von 600 cm und mehr müssen ein Zwischenpodest von mindestens 150 cm vorweisen, um dem Rollstuhlfahrer eine Ruhemöglichkeit zu bieten

Rampen – beispielsweise aus Metall – können fest auf Treppen installiert werden. Bei Neubauten oder Umbauten werden auch häufig gemauerte Rollstuhlrampen aus Stein oder Beton angelegt, sofern keine großen Höhen überwunden werden müssen.

  • Aufzüge

In öffentlichen Gebäuden ist die Barrierefreiheit Pflicht. In einer barrierefreien Schule müssen nach DIN 18040-1 alle notwendigen Räume auch von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen erreicht werden können. Dies wird meist mit klassischen Aufzügen ermöglicht. Die Norm zum barrierefreien Bauen legt in öffentlichen Gebäuden Kabinengrößen nach Typ 2 fest. Die Mindestabmessung einer Kabine beträgt 100 cm x 140 cm, die Tür muss 90 cm breit sein. Knöpfe und Notruftasten müssen auch aus dem Rollstuhl heraus bedienbar sein. Direkt vor dem Aufzug muss eine Fläche von 150 x 150 cm zum Wenden frei bleiben.

Gerade in alten Schulen werden häufig Rampen und Hub- oder Plattformlifte als Alternativen zu Aufzügen installiert. Hublifte für Rollstuhlfahrer lassen sich nachträglich neben Treppen einbauen und gleichen Höhenunterschiede aus. Plattformlifte fahren auf einer Schiene, die auf der Treppe installiert wird. Beide Arten von Liften sind einfach zu nutzen und ohne großen Aufwand zu platzieren. Wir informieren Sie gerne.

  • Türbreiten

Laut DIN 18040-1 müssen Türen in öffentlichen Gebäuden wie barrierefreien Schulen eine Mindestbreite von 90 cm vorweisen. Vor und hinter den Türen soll ausreichend Platz für die Bewegung mit einem Rollstuhl oder Gehilfen vorhanden sein. Spezielle Türöffnungssysteme erleichtern gerade Rollstuhlfahrern die Mobilität in Gebäuden erheblich.

  • Türöffnungssysteme

Laut Gesetz muss das Öffnen und Schließen von Türen auch mit geringem Kraftaufwand möglich sein, um echte Barrierefreiheit zu gewährleisten. Eingangstüren von Gebäuden sollen vorzugsweise automatisch zu öffnen und zu schließen sein. Eine mögliche Alternative sind Schließverzögerungsmechaniken (siehe u.a. DIN EN 1154:2003-04) und Drückergarnituren wie Bügel. Karusselltüren und Pendeltüren gelten nicht als barrierefreier Zugang und sind als einziger Zugang nicht zulässig. In allen anderen Fällen sind automatische Türsysteme erforderlich, wie sie DIN 18650-1 und DIN 18650-2 festlegen.

  • Braille-Beschriftung an Türschildern

Die nach seinem Erfinder Louis Braille benannte Blindenschrift ermöglicht es Menschen mit Sehbehinderung zu lesen und zu schreiben. Die Punkte der Braille-Schrift werden dabei mit den Fingerkuppen ertastet. Auf diesem Weg können auch wichtige Schilder in öffentlichen Gebäuden von sehbehinderten Menschen verstanden werden und barrierefreie Schulen so lückenlos mit Wegweisern, Notfallplänen und Aufzugsknöpfen für Menschen mit Handicap ausgestattet werden. Die Nutzung der Braille-Schrift erfolgt nach DIN 32976: Blindenschrift - Anforderungen und Maße.

Die Art der Orientierungssysteme in öffentlich zugänglichen Gebäuden wie Schulen definiert der DIN-Fachbericht 142. Danach müssen die Orientierung und die Beschilderung im Gebäude sowie an Aufgängen, Ausgängen, Notausgängen und Aufzügen für Sehbehinderte und Blinde möglich sein. Pläne und Schilder sollen auch für Rollstuhlfahrer unterfahrbar und erreichbar sein.

  • Behindertentoiletten

Gerade für Rollstuhlfahrer ist die Privatsphäre im Sanitärbereich wichtig, da die Nutzung von Toiletten oft umständlicher ist als für andere Menschen. In öffentlichen Schulen müssen daher Toilettenräume geschaffen werden, die leicht auffindbar und selbstständig nutzbar sind.

Gesetzlich vorgesehen ist eine barrierefreie Toilette pro geschlechtlich getrennte Sanitäranlage oder eine geschlechtsneutrale separate Toilette. Dabei sind genaue Mindestmaße zu beachten. Vor dem Klosett müssen 150 cm Bewegungsfläche frei bleiben, seitlich sind jeweils 90 cm Breite und 70 cm Tiefe vorgesehen. Haltegriffe an beiden Seiten helfen dem Rollstuhlfahrer, den Rollstuhl zu verlassen und sich wieder hineinzusetzen.

Damit ein Rollstuhlfahrer das Waschbecken gut erreichen kann, muss dieser unterfahrbar und maximal auf einer Höhe von 80 cm angebracht sein. Weitere im Gesetz definierte Maße sind einzuhalten.
Besonders wichtig: Die Tür von Sanitärraum oder einzelner Behindertentoilette muss abschließbar und im Notfall von außen zu öffnen sein. Viele Toiletten im öffentlichen Raum können mit dem Euroschlüssel selbstständig von Menschen mit Behinderung geöffnet werden.

  • Waschtische & Pflegeräume

Normale Waschbecken sind für Rollstuhlfahrer kaum nutzbar. In barrierefreien Schulen müssen daher spezielle Waschtische angebracht werden, die unterfahrbar und maximal 80 cm hoch sind, eine Beinfreiheit von mindestens 55 cm aufweisen und seitlich jeweils 90 cm Platz lassen.
Der Wasserhahn darf nicht weiter als 40 cm vom vorderen Rand des Waschtischs entfernt angebracht sein, der Spiegel muss in Sitz- und Stehposition einsehbar sein.

Weitere Details erleichtern Rollstuhlfahrern das Leben: Ablageflächen am Waschbecken, Einhand-Seifenspender, Papiertuchspender, Abfalleimer in Waschtischnähe oder Licht per Bewegungsmelder sind ein angenehmer Komfort.

Ist die Behindertentoilette – wie in Sporthallen oder Raststätten üblich – zu einem Pflegeraum erweitert worden und mit einer Liege ausgestattet, muss der Raum so geplant sein, dass der Rollstuhlfahrer sich problemlos bewegen und umziehen kann. Die Liege sollte mit den Maßen von 180 cm Länge, 90 cm Breite, 46 cm bis 48 cm Höhe eingeplant werden. Vor der Liege muss eine 150 cm tiefe Bewegungsfläche vorhanden sein.

  • Mehrkanaliges Fluchtwegeleitsystem

Barrierefreie Schulen und andere öffentliche Gebäude erfordern spezielle Brandschutzkonzepte, die auch auf Menschen mit Einschränkungen bei Bewegungs-, Hör- und Sehvermögen zugeschnitten sind. Auch sie müssen in der Lage sein, ein Gebäude im Notfall selbstständig verlassen zu können.
Um den Alarm wahrzunehmen und den Rettungsweg aufzufinden, müssen Warnungen und Leitsysteme über das „Zwei-Sinne-Prinzip“, also sowohl über leicht sichtbare und verständliche Beschilderung als auch über akustische Informationen, beispielsweise Sprachdurchsagen, erfolgen.

  • Barrierefreie Rettungswege

Schulen müssen sich wie andere öffentliche Gebäude an Brandschutzregelungen und Sicherheitsbestimmungen halten. Diesen zufolge müssen die Rettungswege und Evakuierungsgeräte barrierefrei sein. Überdies benötigen Schüler in Rollstühlen oder mit Gehhilfen mehr Fläche, die bedacht werden muss. Zusätzlich spielt auch die Selbstrettung eine große Rolle, die über Lifte erfolgen kann, heute meist mit einem speziellen Feuerwehraufzug, der auch im Brandfall genutzt werden darf. Hub- oder Plattformlifte können ebenfalls im Brandfall genutzt werden. Eine Alternative dazu sind Evakuierungsabschnitte, die geeigneten Schutz bieten, bis die Fremdrettung erfolgt.

Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?

Der Einbau von kostenintensiven Aufzügen, aber auch günstigeren Plattform- und Hubliften für eine barrierefreie Schule wird von verschiedenen Stellen gefördert.

 

Beantragung von Fördermitteln für Hub- & Plattformlifte

Im Rahmen von Förderprogrammen wie „Barrierearme Stadt“ der KfW-Bank werden auch Hub- und Plattformlifte gefördert, die in öffentlichen Gebäuden wie Schulen für Barrierefreiheit sorgen. Die Beantragung erfolgt vor Projektstart bei einem Finanzierungspartner der eigenen Wahl. Das können Banken, Sparkassen, Bausparkassen, Versicherungen oder Finanzvermittler sein. Der Berater des Finanzierungspartners hilft bei der Antragstellung an die KfW-Bank und kontrolliert alle Unterlagen. Der Berater leitet den Antrag an die KfW-Bank weiter. Der Finanzierungspartner zahlt die Fördermittel aus.

 

Kreditinstitut für Wiederaufbau

Auf Bundesebene vergibt die KfW-Bank Förderungen für barrierefreie Schulen. Dabei werden Kommunen, kommunale Unternehmungen, soziale Organisationen und Privatunternehmen in öffentlich-privater Kooperation gefördert. Ist das geplante Projekt förderfähig, wird ein Kredit von bis zu 100 % der Investitionskosten vergeben. Dazu zählen Fahrstühle und Lifte wie Hub- oder Plattformlifte, Rampen, Stellplätze, Türöffner, Behindertentoiletten, spezielle Bodenbeläge und viele weitere Dinge, die Barrierefreiheit ermöglichen.

 

Geräte- & Finanzpool

Die Landschaftsverbände Rheinland (LVR) oder Westfalen-Lippe (LWL) in Nordrhein-Westfalen bieten über den „Geräte- und Finanzpool“ Hilfsmittel für den integrativen Unterricht von körper- und sinnesbehinderten Schülern an und sind direkte Ansprechpartner für Anträge. Sie stellen den kommunalen Schulträgern spezielle Hilfsmittel für die notwendige Nutzungsdauer zur Verfügung. Zu den Hilfsmitteln zählen Geräte, die die Beeinträchtigung von Bewegungs- und Kommunikationsfähigkeiten ausgleichen, also auch Hub- und Plattformlifte. Bauliche Umbauten werden nicht finanziert. Darüber hinaus existieren kaum Förderprogramme in anderen Bundesländern.

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